Abmahnungen gehören oft zu den größten Sorgen, die Webseitenbetreiber haben. Es wundert daher nicht, dass Wege gesucht werden, um sich davor zu schützen. Sehr oft liest man in Impressen daher den Text: "Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt! [...]". Funktioniert das? Kann man Abmahnungen mit Hilfe einer Klausel (zumindest ohne vorherigen Kontakt) ausschließen?
Keine Anmahnung ohne vorherigen Kontakt!
Schön wär's, wäre es damit bereits getan, nicht wahr? Ich denke aber, Sie haben es bereits geahnt: Das funktioniert nicht! Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Webseiten einen solchen oder ähnlichen Satz in ihrem Impressum anführen. Zuletzt habe ich diesen sogar auf Internetpräsenzen einiger Anwälte / Anwaltskanzleien gefunden. Zum Teil wird sogar mit Gegenklagen gedroht. Selbstverständlich müssen sich auch Anwälte nicht allesamt mit Internetrecht auskennen, doch wir reden hier von Basics. Ich kann schwer nachvollziehen, wie man sich hier einen derartig rechtlichen Faux-pas leisten kann.
Für Laien mag ein solcher Haftungsausschluss aber durchaus plausibel klingen. Immerhin besteht ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, für Teile eines Internetangebotes Nutzungsbedingungen zu definieren. Für den allgemeinen Besuch einer Webseite gilt das aber nicht. Ich rate Ihnen daher dringend davon ab, einen solchen Disclaimer zu nutzen.
Supermärkte hassen diesen Trick
Alles andere wäre auch absurd. Man könnte sich ja sonst auch ein Schild um den Hals zu hängen mit dem Text "Keine Anzeige/Verhaftung ohne vorherigen Hinweis!". Im Anschluss geht man dann entspannt in einem Supermarkt "einkaufen" und verlässt diesen, ohne zu bezahlen. Damit begeht man dann zwar eigentlich Diebstahl, d.h. hält sich nicht an geltendes Recht, aber was soll's, oder? Man hat ja das Schild umhängen, womit die anderen, bevor sie z.B. Anzeige erstatten dürfen, zunächst darauf hinweisen müssen, dass man geltendes Recht bricht. Tut das allerdings niemand, bleibt der Einkauf kostenfrei. Supermärkte hassen diesen Trick!
Spätestens hier wird sicher jedem klar: Weder das Schild um den Hals, noch ein Haftungsausschluss im Impressum schützen vor Abmahnungen. Im Gegenteil: Wer einen solchen Disclaimer in sein Impressum setzt, kann sich ein gewaltiges Eigentor schießen.
Kein Anspruch auf Zahlung der Anwaltskosten
So hat beispielsweise das OLG Düsseldorf in dem Urteil vom 26.01.2016 - I-20 U 52/15 entschieden, dass die Klägerin durch Verwendung der Klausel
Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt! Sollte der Inhalt oder die Aufmachung dieser Seiten fremde Rechte Dritter oder gesetzliche Bestimmungen verletzen, so bitten wir um eine entsprechende Nachricht ohne Kostennote. (...) Dennoch von Ihnen ohne vorherige Kontaktaufnahme ausgelöste Kosten werden wir vollumfänglich zurückweisen und gegebenenfalls Gegenklage wegen Verletzung vorgenannter Bestimmungen einreichen.
auf ihrer eigenen Internetpräsenz im Gegenzug auch keinen Anspruch auf Zahlung der ihr entstandenen Anwaltskosten habe - unabhängig davon, dass die Klausel ohnehin rechtlich unwirksam ist. Das OLG Düsseldorf entschied hierzu:
Die Klägerin kann von dem Beklagten für die beiden Abmahnungen nicht die Zahlung der hierfür angefallenen Anwaltskosten in Höhe von 695,20 € aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG verlangen, weil sie sich durch dieses Verlangen in Widerspruch zu ihrem eigenen Verlangen setzt, nicht mit Anwaltskosten für Abmahnungen belastet zu werden und ihr Zahlungsverlangen daher gegen den Grundsatz von Treu- und Glauben, § 242 BGB, verstößt.
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.01.2016 - I-20 U 52/15
Fazit: Wer einen solchen Disclaimer auf seiner Webseite anbringt, hat später keinen Anspruch darauf, dem Abgemahnten die Anwaltskosten in Rechnung zu stellen. Für die Gegenseitige gilt das allerdings nicht. Die kann weiterhin ihre Kosten in Rechnung stellen, z.B. wenn diese ebenfalls eine Abmahnung erteilt oder wenn diese zur Verteidigung eines berechtigten Rechts Anwaltskosten aufwenden musste.
Abmahnung aufgrund von Abmahnklausel
Ich halte eine Anti-Abmahnklausel, wie o.g. auch selbst für abmahnfähig. Wer versucht Abmahnungen durch die Anwendung von (rechtswidrigen) Klauseln zu verhindern, versucht nach meiner Lesart damit die Geltendmachung von Rechten des Wettbewerbers zu verhindern. Der § 3a UWG besagt
Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.
Schauen wir uns hierzu nun noch den § 13 Abs. 1 des UWG an
(1) Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.
stellen wir fest, dass grundsätzlich die Pflicht dazu besteht (soll = muss, wenn kann), ehe man einen Unterlassungsanspruch gerichtlich gelten macht, den Schuldner abzumahnen. Auch wenn es sich als Abgemahnte Partei sicher nicht so anfühlt: Eine Pflicht zur vorherigen Abmahnung dient dem Schuldner als Schutz vor hohen Gerichts- und Anwaltskosten. Dass es sich bei dieser Verpflichtung um eine Rechtsvorschrift handelt, lässt sich leicht dem Titel des Kapitels entnehmen, unter dem dieser Paragraph im UWG verfasst ist: "Kapitel 3 - Verfahrensvorschriften".
Nach meiner Lesart ist auch die (versuchte) Verhinderung der Ausübung dieser Rechtsvorschrift ein Zuwiderhandeln gegen das UWG. In jedem Fall ist diese Handlung meines Erachtens nach dazu geeignet, die Interessen (nämlich z.B. das Durchsetzen von Unterlassungsansprüchen unlauteren Wettbewerbs) von sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen - und damit abmahnfähig.
Mein Rat lautet daher, von solchen Klauseln Abstand zu nehmen. Damit lässt sich weder eine Abmahnung verhindern, noch deren Kosten mindern. Im Gegenteil, man riskiert möglicherweise gerade deswegen abgemahnt zu werden.
Sicherer ist es, sich rechtlich durch Fachanwälte beraten und/oder entsprechende Dienste zur rechtlichen Absicherung einer Webseite in Anspruch zu nehmen. Ebenso wichtig ist es aber auch, dass Sie genau wissen, welche technischen Gegebenheiten bei Ihrer Webseite vorliegen, z.B. welche personenbezogene Daten hierüber und in welcher Weise verarbeitet werden. Ich selbst biete hierzu auch einige Möglichkeiten zur rechtlichen Absicherung und technischen Analyse an. Nehmen Sie hierzu gerne Kontakt mit mir auf - Abmahnende hassen diesen Trick ;-)